Nachdem Bush die Bühne verlassen hatte wurde direkt fieberhaft am Aufbau für den Headliner des Abends gearbeitet. Damit man nicht weiter „gestört“ wurde, zog man ein riesiges Banner vor der Bühne hoch. Die Tour läuft im Rahmen der Veröffentlichung des aktuellen Albums „God Of Angels Trust“ und wird daher augenzwinkernd auch „GOAT - Greatest Of All Tours“ genannt. Und der Goat, die Ziege, ist in diesem Zuge omnipräsent.
Nach dem sehr enttäuschenden Beginn, hoffte ich nun auf Besserung. Bush waren mir aus den 90ern noch ein Begriff und ich freute mich sehr auf ihren Auftritt. 1991 in England gegründet hatten sie mit ihrem Alternativ Rock zum Ende der 90er im Fahrtwasser von Nirvana ihren ersten Karrierehöhepunkt. Seitdem waren etwas von meinem Radar verschwunden, aber trotzdem weiterhin sehr produktiv gewesen.
Ursprünglich sollten GEL die erste Vorband für Volbeat sein, aber noch bevor die Tour gestartet war, hatten sie sich nach internen Querelen aufgelöst. Daher musste noch schnell ein Ersatz her. Der wurde dann mit Witch Fever aus Manchester gefunden.
Es ist 20:45 und das M’era Luna 2024 nähert sich langsam dem Ende entgegen, aber nicht bevor Dauergast VNV Nation gespielt hat. Das war neben Schwarzer Engel und ASP die Band, die ich unbedingt sehen wollte. Seit mittlerweile 34 Jahren existiert das Projekt von Ronan Harris mittlerweile und hat 11 Alben hervorgebracht. Begleitet wurde er an diesem Abend von drei Musikern: einem Schlagzeuger und zwei Keyboardern.
Ich war etwas überrascht. Nach Lord Of The Lost leerte sich die Fläche vor der Bühne zunächst, aber selbst als die ersten Klänge von Epicas Intro „Alpha Anteludium“ zu hören waren, war es immer noch sehr überschaubar, was sich da versammelt hatte, um einer der größten Bands im Symphonic Metal Bereich zuzuschauen. Wer die Niederländer schon einmal live gesehen hat, weiß, dass dort Showtechnisch immer viel geboten wird. Dieses Mal wurde die Bühne dominiert von großen Rädern an den Seiten, die sich immer wieder drehten, sowie zwei riesigen Schlangen die zwischendurch auch Nebel oder sogar Feuer spien. Apropos Feuer: Davon gibt es bei Epica immer mehr als reichlich, so auch heute, obwohl die Temperaturen gar nicht danach verlangten.
Lord Of The Lost hat meinen Weg bislang nur einmal gekreuzt: 2015 auf dem Gelsenkirchener Blackfield Festival. Damals noch mit sehr bescheidenen Mitteln am Nachmittag aufgetreten ist das heute eher ein Kontrastprogramm zu damals. Die Band ist viel bekannter, auch durch ihren Auftritt beim European Song Contest vor einem Jahr. Aber zurück nach Hildesheim aufs M’era Luna.
Zurück auf der Main Stage wo nicht nur ich, sondern auch viele andere den Auftritt von Schandmaul erwarteten. Und hier zeigte sich: Sänger Thomas Lindner stand wieder auf der Bühne. Zusätzlich war da aber auch noch Georgij Alexandrowitsch Makazaria, der ehemalige Sänger der Band Russkaja. Und warum dieser mit dabei war, zeigte sich nach dem ersten Lied „Krieger“. Dann richtet Lindner nämlich ein paar Worte an das Publikum, in dem er von seiner Krebserkrankung berichtete, die momentan zumindest, überwunden ist. Ein leidiger Seiteneffekt der Behandlung aber war, und das war unüberhörbar, dass seine Stimme immer noch nicht wieder die alte Stärke erreicht hatte, weshalb er das Singen aktuell von Makazaria übernehmen lässt. An Keyboard und Gitarre mischte er aber schon wieder so gut mir, als wäre nie etwas gewesen.
Nach folkigen Klängen mit dArtagnan ging es rüber zur Club Stage um einem echten Kontrast hierzu beizuwohnen. Das Ich stand auf dem Programm, ein Urgestein der schwarzen Szene, welches bereits 1989 gegründet wurde und seitdem im Kern mit Stefan Ackermann und Bruno Kramm unverändert besteht. Unterstützt werden sie live von zwei weiteren Keyboardern. Sehr lustig die Idee die Synthesizer auf kleine Rolltische zu montieren mit denen die Musiker dann munter über die Bühne tingelten und immer wieder um Sänger Ackermann herumtanzten. Dieser machte auch selbst mit seinen abgehackten Tänzen munter mit, schnitt Grimmassen und feixte mit dem Publikum. Auch die Ansagen zwischendurch hatten was amüsantes, wenn er zum Beispiel eingestehen musste, dass er bem Song „Engel“ gelogen habe, da im Publikum so viele hübsche Engel seien.
Sonntagmorgen und die Sonne lachte wieder über dem Festivalgelände. Daher ließ ich es auch etwas ruhiger angehen, da es wieder sehr warm werden sollte und begann den Abschluss Tag mit den folkig rockigen Klängen der Nürnberger Band dArtagnan. Die hatten erst vor kurzem ihr neues Album „Herzblut“ herausgebracht, begannen aber zunächst mit „Freiheit & Tod“ aus dem 2022er Album „Felsenfest“. Dabei ging es direkt richtig zur Sache. Sehr enthusiastisch wechselte Sänger Ben Metzner immer wieder zwischen Gesang und Dudelsack hin und her, sprang und wirbelte wie ein Derwisch über die Bühne, dabei umrahmt immer wieder von Feuersäulen.
Da ich überraschenderweise länger als ursprünglich geplant die grandiose Show von London After Midnight bewundert hatte war ich zunächst erst zum „Fürst Der Finsternis“ vor der Main Stage eingetroffen. Daher war mir der erste Auftritt des Berliner a cappella Chors von Stimmgewalt entgangen. Man kann halt nicht alles haben.
